Warum Webshop-Only für Brands keine Lösung ist
In Zeiten des Corona-bedingten Shutdowns suchen Brands händeringend nach alternativen Vertriebskanälen. Wer dabei nur den eigenen Webshop im Fokus hat, wird sich mit dem Erfolg aber schwer tun.
Noch vor einem Jahr hatte das Internet für den CEO der Genfer Uhrenmanufaktur Patek Philippe einen ganz klaren Stellenwert. Milch oder Jeans könne man darüber “hervorragend” kaufen. Für den Verkauf einer Luxusuhr allerdings eigne es sich nicht. Der Motorsägenhersteller Stihl wurde in der Vergangenheit nicht müde zu beteuern, es sei lebensgefährlich, die eigenen Produkte ohne Einweisung durch einen geschulten Fachhändler online zu verkaufen.
Doch mit Covid-19 lockerte sich die Online-Vertriebspolitik vieler Brands. Patek Philippe gestattet seinen Handelspartnern nun, Luxusuhren im Web zu verkaufen. Stihl hat den Launch seines eigenen Webshops vorgezogen. Und der Hersteller von Lebensmittelkonserven Heinz ließ sich in weniger als drei Wochen einen Online-Shop bauen und verkauft darüber seitdem Baked Beans und Tomatensuppe an Kunden, die Angst haben, sich in Supermärkten mit Covid-19 zu infizieren.
Covid-19 war nur der letzte Anstoß zum Aufbruch ins DTC-Zeitalter
Corona war für viele Brands offenbar der letzte Anstoß, das Thema Digitalisierung beherzt anzugehen. Davor hatten schon DTC-Brands wie Allbirds oder Dollar Shave Club bewiesen, dass man nicht zwingend einen Platz im Ladenregal braucht, um etablierten Marken spürbar Kunden abzuluchsen. Der direkte Draht zum Kunden über soziale Kanäle und den eigenen Webshop kann genügen.
Doch so wie eine Schwalbe keinen Sommer macht, macht ein eigener Webshop keine digitale Handelsstrategie. Denn selbst namhafte Brands wie Puma erzielen seit dem Shutdown der eigenen Läden in aller Welt lediglich zehn Prozent ihres bisherigen Gesamtumsatzes online. Und bei Adidas sieht die Lage auch nur wenig besser aus: Die Sports-Brand erwirtschaftet 15 Prozent ihres Umsatzes über die eigenen E-Commerce-Kanäle.
Dabei sei betont: Sowohl Puma als auch Adidas sind Marken mit hohen Begehrlichkeiten, nach denen Kunden von sich aus aktiv im Netz suchen. Wer diesen Bonus nicht genießt, wird sich mit einem eigenen Online-Flagship-Store umsatzmäßig bestenfalls am unteren Rand des einstelligen Umsatzanteils bewegen.
Kunden lieben Auswahl und Vergleichbarkeit
Aus Kundensicht muss man sagen: Natürlich gibt es passionierte Markenfans, für die der Apple Flagship-Store am Münchner Marienplatz heiliger ist als die Frauenkirche nur 300 Meter weiter. Doch mindestens genauso viele Kunden schätzen es auch, sich in Multibrand-Stores von den Angeboten verschiedener Marken inspirieren zu lassen und Produkte direkt miteinander vergleichen zu können. Dasselbe gilt natürlich im Netz.
Wer also seine Digitalisierungsstrategie nur darauf ausrichtet, den digitalen Flagship-Store bis in den letzten Winkel zu polieren, und dabei die Online-Unterstützung und Sichtbarkeit seiner restlichen Vertriebskanäle und Partner vergisst (oder sie gar aktiv unterbindet), darf sich nicht wundern, wenn die erhofften Erfolge ausbleiben. Auch in Zeiten von Corona gilt die Handelsweisheit: “Sei da, wo deine Kunden sind.” Und das ist derzeit ganz besonders bei Online-Vertriebspartnern, Social-Media-Kanälen, auf Online-Marktplätzen oder auch im eigenen Webshop. All diese Kanäle müssen konsequent bespielt werden.
Das Internet ist für Brands steuerbar
Bislang hatten einige Brands Sorge, in den Weiten des World Wide Web die Kontrolle über ihre Markenbotschaften zu verlieren und damit ihr Image zu riskieren. Doch das ist überholt. Inzwischen gibt es Mittel und Wege, alle Handelspartner zentralisiert mit Marken- und Produktinhalten zu versorgen und gleichzeitig sicherzustellen, dass diese auch in die Webshops eingebunden werden. Die Plattform authorized.by, eine Beteiligung der TÜV Saarland Group, ist eine davon. Gleichzeitig können Hersteller ihre autorisierten Partner darüber auch mit einem Echtzeit-Siegel kenntlich machen – und sich so von Fake-Produkten oder Graumarktimporten absetzen.
Das Image der billigen Resterampe hat der Vertriebskanal Internet längst abgelegt. Und Covid-19 zwingt jede Branche mit einer vorher nicht für möglich gehaltenen Vehemenz, das Thema Digitalisierung anzugehen. Davon profitieren sie nicht nur in der Krise. Sondern lange darüber hinaus.